UNGLAUBLICH: WASSERKRAFTWERKE BEEINFLUSSEN FLIESSGEWÄSSER NICHT!

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So sieht ein Fluss im Referenzzustand aus!

Unglaublich: Wasserkraftwerke beeinflussen Fliessgewässer nicht! (Artikel zum Ist- und Referenzzustand bei Wasserkraftwerken).

Der Leserbrief von Dr. Ueli Rippmann (Inhaber Büro für Gewässerökologie und Fischbiologie, Geschäftsstellenleiter Aargauischer Fischereiverband) bringt diesen ungeheuerlichen Versuch ans Tageslicht, wo uns Fischern die Flusskraftwerke als Gott gegeben verkauft werden sollen. Bitte in Ruhe lesen, aber mit Eifer reagieren (siehe Box am Schluss).

«Liebe Fischerinnen und Fischer

Würden die Abgeordneten beider Kammern dieser vom Wasserwirtschaftsverband Pa.Iv. Rösti (SVP) vorgeschlagenen Revision des Wasserrechtsgesetz (WRG) zustimmen, stünde in den Gutachten, die die von den Wasserkraftwerken beauftragten Ökobüros bei Neukonzessionierungen erarbeiten müssen der Satz:

«Durch den Bau und den Betrieb eines Wasserkraftwerks kann kein Nachteil für das Gewässer abgeleitet werden, weil der Ist- und der Referenzzustand rechtlich einander gleichgeschaltet werden.»

Das heisst aber auch, dass alle wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten 60 bis 80 Jahre, die zum Schutz und zur Wiederherstellung der Fliessgewässer erforscht und entwickelt wurden – auch zur Minderung der durch die Wasserkraft entstandenen Schäden – künftig nicht mehr von Belang sind, weil per Gesetzesänderung Wasserkraftwerke keinen Einfluss auf Fliessgewässer haben.

Die gesamte Forschungstätigkeit einschliesslich der Ergebnisse unserer Hochschulen insbesondere auch jene der EAWAG/ETH, die vom Steuerzahler während Jahrzehnten finanziert wurde, wären so mit einem Schlag irrelevant! Immerhin sei hier die Bemerkung erlaubt, dass die ETH weltweit in die Gruppe der 15 besten Hochschulen gezählt werden kann.

Ich frage auch meine Berufskollegen ernsthaft: Wollt ihr diese absurde Gesetzesänderung zum Nachteil aller genutzter Gewässer einfach so mittragen? Bleibt ihr so wirklich glaubwürdig oder werdet ihr nicht zu Gefälligkeitsgutachtern, nur damit die Wasserkraftlobby ihre Finanzen schonen kann?

Was nämlich vom Wasserwirtschaftsverband unter willfähriger Mitwirkung des Bundesamts für Energie (BFE) vorangetrieben wird, ist Populismus in Reinkultur. Man behauptet einfach etwas, und sachlich kritischen Argumente werden entweder negiert, oder als irrelevant abgetan, mit dem Ziel möglichst viel Geld einzusparen.

Es ist auch ein Schlag ins Gesicht gegen Generationen unserer Wissenschaftler, die im Bereich Gewässerschutz, Gewässerökologie und Fischbiologie während Jahrzehnten erfolgreich geforscht, gearbeitet und publiziert haben.

Diese unmögliche Gesetzesänderung beeinträchtigt auch die wertvolle Arbeit der Eidgenössischen Kommission für Natur- und Heimatschutz (ENHK). Offensichtlich kommt diese populistische Politik einer Mehrheit unsere Parlamentarier sehr gelegen (Denken nicht nötig).

Aber diese Art des Populismus, gefördert durch die neuen Medien, untergräbt und schwächt auch unsere schweizerische Demokratie und ist daher als gefährlich zu bezeichnen, weil objektiv Fakten und wissenschaftlich erarbeitete Resultate zum oft desolaten Zustand unsere Gewässer von Nichtfachleuten negiert werden.

Während meiner fast 20-jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit als Mitglied der Begleitkommissionen bei Neukonzessionierungsverfahren vieler Wasserkraftwerke, musste ich auch immer wieder feststellen, dass gesetzlich vorgeschriebene Sanierungsmassnahmen wie die Wiederherstellung des Geschiebetriebs in Fliessgewässern, die Sanierung  der durch die Wasserkraftwerke verursachten Restwasserstrecken, oder die Problematik  «Schwall und Sunk» seit oft mehr als 25 Jahren noch immer nicht umgesetzt und somit eindeutig missachtet werden. Die Umweltverbände warten bei mindestens 25% aller Sanierungsfälle seit 25 Jahren auf den Vollzug des Gewässerschutzgesetzes, den viele bürgerliche Politiker seit Jahrzehnten erfolgreich und aktiv bekämpfen.

Falls dies der Referenzzustand sein sollte, dann müssen diese Schreibtischtäter wieder mal raus in die Natur!

Offenbar sind die Verhandlungen über diese neue Gesetzgebung hinsichtlich des Ist- und des Referenzzustandes bei Neukonzessionierungen von Wasserkraftwerken schon sehr weit fortgeschritten, aber noch nicht rechtskräftig. Die Gespräche zwischen der Wasserwirtschaftslobby und den verschiedenen Umweltverbänden sind wohl nicht mehr so geheim wie ursprünglich von den Initianten verlangt. Mit wachsender Sorge und grossem Unbehagen habe ich seit dem Jahr 2016 in vielen Begleitkommissionssitzungen diese geplante Gesetzesänderung verfolgt. Diese vom Wasserwirtschaftsverband verlangte Gesetzesänderung führt nämlich dazu, dass Ausgleichsmassnahmen bei den meisten unserer Neukonzessionierungsverfahren nicht mehr vom Gesetz her verlangt sind.  Nachdem die Kraftwerkslobby mit ihrem Anliegen zur Reduktion der Wasserzinsen in beiden Räten scheiterte, hat ihr Spitzenvertreter einen neuen Sparvorschlag zu ihren Gunsten eingebracht, nämlich den Verzicht auf alle Ausgleichsmassnahmen, die bis heute noch vom Gesetzgeber verlangt werden.

In den Sitzungen der Begleitkommissionen beobachtete ich immer wieder, dass verschiedene dieser Ausgleichsmassnahmen sehr wirksam waren und auch präzise unterschieden, welche zum Ausgleich der negativen Folgen der Wasserkraftnutzung erfolgreich sind und welche nicht. Die Vertreter des BFE, die an diesen Sitzungen jeweils teilnahmen, konnten sich anhand der von den involvierten Ökobüros vorgelegten Resultaten selbst überzeugen!

Trotzdem behaupten diese Beamten in vorauseilendem Gehorsam gegenüber dem Wasserwirtschaftsverband, dass der Ist-Zustand (also der Zustande mit Kraftwerk) mit dem Referenzzustand (also dem Zustand der Gewässer vor dem Kraftwerksbau) nun neu einander gleichzusetzen sind, obwohl sie sich in den Kommissionssitzungen immer wieder selbst davon überzeugen konnten, dass Ausgleichsmassnahmen nicht nur erfolgreich sondern auch finanzierbar und auch aus gewässerökologischer Sicht nach wie vor sehr sinnvoll sind, insbesondere wenn es um den Schutz und die Erhaltung der Lebensräume verschiedener bedrohter Fischarten geht wie z.B. des Aals, der Äsche, der Barbe, der Forelle, der Nase, der Groppe und weiterer Arten.

Wohin führt eine Politik, die die gesamte Natur der Fliessgewässer missachtet? Soll dieser Populismus tatsächlich in Recht gesetzt werden?»

Infobox

Wer der Gleichung Beton = Natur oder mit anderen Worten dem Ist-Zustand = Referenz-Zustand nicht zustimmen möchte, kann dies mit einer Stellungnahme bis am 15.02.2019 an folgende Adresse tun! Bundesamt für Energie, Vernehmlassung 16.452, 3003 Bern; oder per Mail: revision-wrg@bfe.admin.ch

Hier alle wichtigen Dokumente zur Vorbereitung:

Brief an die interessierten Kreise als PDF zum download hier.

https://www.parlament.ch/de/organe/kommissionen/sachbereichskommissionen/kommissionen-urek/vernehmlassung-urek-16-452

https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20160452

Der AFV steht hinter diesem Leserbrief und bitte Euch diese Message möglichst breit zu teilen! Besten Dank im Namen des Vorstands.

 

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