Eine Untersuchung des WWF im St. Galler Rheintal zeigt: An 43 Prozent der untersuchten Ackerflächen ist der Sicherheitsabstand für Pestizide und Dünger zu Flüssen und Bächen zu klein. Darunter leiden die bereits übermässig belasteten Schweizer Gewässer.
Im Sommer und Herbst 2015 hat der WWF die Sicherheitsabstände (sogenannte Pufferstreifen) von 121 Äckern im St.Galler Rheintal zwischen Au und Sevelen systematisch untersucht. Die Resultate der Untersuchung sind erschütternd: In 43 Prozent der Fälle waren die gesetzlich festgelegten Abstände von Ackerflächen zu den Gewässern zu schmal. 11 Prozent wurden als schwere Verstösse klassiert, 14% als mittlere und 18% als leichte. Gemäss den Richtlinien zur Reduktion von Direktzahlungen müssten für diese Verstösse Bussen in der Höhe von 100’000 Franken verfügt werden. Das Problem gilt bei den Behörden jedoch offensichtlich als verzeihbares Kavaliersdelikt und wird kaum geahndet.
Durch Pufferstreifen entlang von Gewässern sollten unerwünschte Pestizid- und Düngeeinträge ins Gewässer reduziert werden. «Dieser Schutz ist dringend nötig, denn Studien zeigen, dass schätzungsweise 2/3 der kleinen Gewässer durch Gifte aus der Landwirtschaft stark geschädigt sind» sagt Christopher Bonzi, Leiter Wasserprogramm des WWF Schweiz. In einer breit angelegten Studie der EAWAG wurden letztes Jahr über 100 Pestizide in den Schweizer Gewässern gefunden. In den Proben wurde ein Giftcocktail von im Schnitt rund 40 verschiedenen Pestiziden festgestellt.«Der intensive Einsatz von Dünger und Pestiziden in der Landwirtschaft gefährdet die Natur, die Wasserqualität und unser Trinkwasser» so Bonzi weiter.
Die Pufferstreifen dienen aber auch der Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum und Verbreitungskorridor. Durch das Spritzen und Düngen innerhalb dieser Pufferstreifen sind also nicht nur im Wasser lebenden Organismen wie Gewässerinsekten und Fische betroffen, sondern auch Organismen wie Amphibien oder Laufkäfer.
Weiter bestehen Hinweise, dass auch im Rest der Schweiz die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden. «Bei landwirtschaftlichen Direktzahlungen in der Grössenordnung von 2.8 Milliarden ist eine solche Situation an unseren Gewässern nicht weiter tragbar» sagt Christopher Bonzi. «Die Pestizidfrachten im Wasser sind letztlich auch ein Knieschuss für das Image der Landwirtschaft». Der WWF fordert deshalb eine gewässerfreundlichere Gesetzgebung, die strikte Einhaltung derselben und die kompromisslose Bestrafung fehlbarer Landwirte.
Text: Cécile Villiger, Natuschutz.ch
Ein Kommentar
Die 11% der untersuchten Fälle, die schwere Verstösse darstellen, entsprächen mehr als 25% aller Verstösse. Mittlere Verstösse: 14% aller Fälle entsprechen gut 32% der Verstösse, und leichte Verstösse: die 18% aller Fälle entsprechen knapp 42% der Verstösse.
So sind die Prozentangaben wohl etwas klarer und prägnanter für den Durchschnittsleser.