Forellenbestände sind in vielen Schweizer Bächen unter Druck. Sie leiden unter Bachverbauungen und anderen Umwelteingriffen. Wie sich verschiedene Stressfaktoren menschlichen und natürlichen Ursprungs auswirken, untersucht das Forschungsteam von Jakob Brodersen an der Eawag bei Forellen in unterschiedlichen Lebensräumen und Lebensphasen. «Schon gut erforscht ist die Wanderung zwischen den Bächen, in denen die Forellen aus dem Ei schlüpfen und aufwachsen, und den Seen, in denen manche dieser Bachforellen zu grossen Seeforellen werden», sagt er. Dieses Wissen hat sich im Gewässerschutzgesetz niedergeschlagen, das die Beseitigung der Wanderhindernisse vorgibt. «Nur wenig wissen wir hingegen darüber, wie Wanderung und Anpassung an wechselnde Lebensräume zusammenspielen», so Brodersen. Am Vierwaldstättersee und seinen Zuflüssen studiert der Fischökologe mit seinen Mitarbeitenden deshalb, wie sich Forellenpopulationen an ihre unterschiedlichen Ursprungsbäche anpassen.
Generalist oder Spezialist – je nach Lebensraum
Der Doktorand Philip Dermond hat untersucht, ob ein stabiles Futterangebot den Forellen erlaubt, das Nahrungsspektrum untereinander aufzuteilen. Für die spezialisierten Tiere hätte das den Vorteil, dass sie effizienter jagen könnten. In einer instabilen Umgebung mit rasch wechselndem Futterangebot hingegen, so die Vermutung, müssen die Tiere essen, was gerade da ist. Dermond suchte insgesamt zehn Bäche aus. Fünf speisen sich aus dem Grundwasser und weisen deshalb relativ stabile Pegelstände auf. Die fünf anderen sind Wildbäche mit stark schwankenden Abflussmengen. Bei Hochwasser werden dort immer wieder Insektenlarven und andere wichtige Futtertiere der Forellen weggeschwemmt. Ob sich diese Unterschiede auf die Ernährung auswirken, untersuchte der Forscher an 20 Forellen aus jedem Bach. Dazu verglich er detaillierte «Momentaufnahmen» des Mageninhalts mit der Analyse von Stickstoff- und Kohlenstoffisotopen im Muskelgewebe, die Rückschlüsse auf langfristige Ernährungsgewohnheiten erlauben (Abb. 2).
Das Resultat fiel deutlich aus. Zwar nutzten alle Forellenbestände ein vergleichbares Nahrungsangebot. Aber während in den Bächen mit starken Pegelschwankungen alle Tiere das gesamte Angebot nutzten, beschränkten sich diejenigen in den stabilen Bächen jeweils nur auf etwa die Hälfte des Spektrums. Zudem unterschied sich die Auswahl von Fisch zu Fisch: Die Individuen hatten sich in ihrer Ernährung stark spezialisiert. «Die Resultate liefern gute Argumente für die Annahme, dass es sich bei der Entwicklung von Generalisten und Spezialisten tatsächlich um Anpassungen an die ökologischen Verhältnisse handelt», sagt Brodersen. «Es braucht aber weitere Untersuchungen.» Unter anderem nimmt sein Team 150 Bäche in der ganzen Schweiz unter die Lupe. Die Wissenschaftler prüfen zudem, wie Bachforellen auf Uferverbauungen und andere vom Menschen verursachte Stressfaktoren reagieren – und damit auch, welche Schutzmassnahmen den Forellenbeständen am besten dienen.
Kontaktinfos und weitere interessante Studien zur Hybridisierung der Stichlinge im EAWAG-Artikel.